Was bringen höhere Vermögenssteuern wirklich?

Translater:


Höhere Vermögenssteuern - das ewige Patentrezept!

 

Was kommt immer an beim Wahlvolk, wie steigert man die Popularität der eigenen Partei? Richtig, wenn alles nichts mehr hilft: Die Forderungen nach höheren Einkommens- oder Vermögenssteuern finden immer großen Anklang. Das einfache Kalkül: Großverdiener und Wohlhabende stellen nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung - also profitiert der überwiegende Teil der Bevölkerung von höheren Zwangsabgaben für die Reichen. Zumindest dem ersten Anschein nach.
Eine sachliche Bewertung brächte allerdings ein ganz anderes, für viele überraschendes Ergebnis. Denn höhere Vermögenssteuern haben böse Folgen - viele Betuchte finden sich leider nicht so einfach ab in ihrer Büßerrolle und suchen nach Auswegen.

Und diese Auswege finden sie im Ausland. Dort wimmelt es geradezu von Steuerparadiesen. Überall in der Welt buhlen die Staaten um die Spitzen der Gesellschaft, die Eliten, Investoren und kaufkräftigen Konsumenten. Geld ist nun einmal das Schmiermittel des Kapitalismus bzw. der eigenen Volkswirtschaft - wem es gelingt, Reiche ins Land zu locken, der kurbelt die Wirtschaft an.
Das Gegenteil geschieht, wenn man den Geldadel verprellt oder mit hohen Steuern aus dem Land vergrault. Ein Staat, der so engstirnig handelt, wird nur wenig Freude an den kurzfristigen Steuermehreinnahmen haben. Denn lediglich in den ersten Jahren werden einige zusätzliche Milliarden in die Staatskasse fließen - weil der Exodus der Reichen nicht abrupt, sondern fließend verläuft. Die Betroffenen müssen sich erst einmal umorientieren, die Möglichkeiten ausloten und sich für eine neue Wahlheimat entscheiden. Es gehen einige Jahre ins Land, bis aus den anfänglichen Steuermehreinnahmen satte Verluste werden.

 

Wem nützen hohe Vermögenssteuern, wenn letztlich kaum jemand bleibt, der sie zahlen will?
Dabei geht es ja nicht nur um den Verlust der direkten Steuereinnahmen aus der exklusiven Oberschicht. Viel schlimmer sind die Folgewirkungen. Am Ende fehlen uns die gutverdienenden Spezialisten, Wissenschaftler, Unternehmer, Investoren usw. Die Eliten haben einen starken Multiplikationseffekt, sie sind die Stützen der Gesellschaft - sie ermöglichen letztlich erst die hohen Transferzahlungen an die große Zahl der Leistungsempfänger.

Selbst bei denen, die dem Staat die Treue halten, werden sich die höheren Abgaben letztlich negativ auswirken. Mit jedem Steuerprozent schwindet nämlich auch die Leistungsbereitschaft. Warum sich noch groß schinden, wenn der Staat immer mehr abkassiert? Wollte man das Ganze in Zahlen ausdrücken würde sich vielleicht folgende Rechnung aufmachen: Im ersten Jahr ein Einnahmeplus von zehn Milliarden Euro aufgrund höherer Vermögenssteuern, im nächsten Jahr sind es dann nur noch fünf Milliarden und im dritten Jahr ergäbe sich vielleicht eine Nullsumme. Danach folgt die Umkehr: Viertes Jahr zehn Milliarden Einnahmeverlust, im fünften Jahr kann sich dieser bereits auf 30 Milliarden hochschaukeln, um im sechsten Jahr bereits 100 Milliarden auszumachen.
Diese Zahlen sind natürlich nur eine grobe Schätzung, sie sind abhängig vom Ausmaß der Steuererhöhungen und den ausländischen Steuertarifen. Die hohen Summen in den späteren Jahren ergeben sich aus den Folgeschäden, dem Mangel an motivierten Eliten und der Abwanderung mancher Unternehmen.

 

Es wäre schön, die Vermögenden höher besteuern zu können …
Ich gebe es unverhohlen zu: Ich persönlich würde es durchaus begrüßen, wenn man Reichen und Superreichen mehr Steuern aufbrummen könnte. Moralisch gesehen wäre dies durchaus gerechtfertigt, oft sogar wünschenswert (zumal manche Vermögende auf höchst dubiose Weise zu ihrem Reichtum gekommen sind). Aber ich sehe ein: Es geht leider nicht! Nur aus Prinzipienreiterei bringt es nichts, unsere Volkswirtschaft noch mehr zu strangulieren. Ein Rachefeldzug gegen die Oberklasse schadet allen, das sollte man auch in einer Neidgesellschaft eingestehen.

 

Ab wann soll die Vermögenssteuer greifen?
Bezüglich der Vermögenssteuer gibt es noch ein anderes Problem, worüber nicht gerne gesprochen wird. Ab welcher Vermögenshöhe soll eigentlich die Strafsteuer einsetzen. Das Häuschen der Oma will bekanntlich niemand antasten, aber wo setzt man die Grenze? In manchen Ballungsgebieten sind die Immobilienpreise so hoch, dass das normale Haus einer vierköpfigen Familie dort leicht einen Wert von über 500.000 Euro übersteigen kann. Soll das steuerfrei bleiben? Oder sollen etwa Immobilien grundsätzlich nicht zum Vermögen gezählt werden? Und wie verträgt sich das alles mit dem Grundgesetz - die Vermögenssteuer ist schließlich nicht ohne Grund abgeschafft worden.

 

Warum wurde die Vermögenssteuer abgeschafft?
1996 wurde in der Deutschland die Vermögenssteuer wieder abgeschafft. Das geschah nicht, um das Wahlvolk gegen sich aufzubringen. Man hatte vielmehr schon damals erkannt, dass die Vermögenssteuer dem Fiskus unterm Strich kaum etwas bringt. Die Verwaltungs- und Steuererhebungskosten sind extrem hoch, weil Vermögen immer wieder neu bewertet werden müssen. Zwangsläufig führen diese Schätzungen zu ständigen Meinungsverschiedenheiten und langwährigen juristischen Auseinandersetzungen.
Besonders gebeutelt und benachteiligt werden durch die Vermögenssteuer mittelständische Unternehmer, was sich für eine Volkswirtschaft bestimmt nicht auszahlt.
Im Endeffekt erwies sich die Vermögenssteuer damals als teure und unwirtschaftliche ABM-Maßnahme für Juristen, Steuerberater und Finanzbeamte.

 

Ein Prozent Steuern auf Vermögen über zwei Millionen?
Die SPD und die Grünen haben im August 2012 konkrete Pläne vorgelegt. Sie wollen eine einprozentige Abgabe bei Vermögen über zwei Millionen Euro (bei Ehepaaren doppelter Freibetrag). Nach Berechnungen des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) würde die Vermögenssteuer in Deutschland dann 140.000 natürliche Personen und 165.000 juristische Personen (also Unternehmen) treffen und etwa 11,5 Milliarden Euro jährlich einbringen. Die schädlichen Auswirkungen einer solchen Vermögenssteuer bleiben bei dieser Milchmädchenrechnung natürlich unberücksichtigt. Auch darf daran erinnert werden, dass Unternehmenssteuern grundsätzlich auf die Preise abgewälzt werden - am Ende also doch die Verbraucher die Zeche zahlen müssen.

Vermögenssteuer auch für Unternehmen?

Die Vermögenssteuer soll ebenfalls für Unternehmen gelten. Diese stehen dann vor der Wahl: Entweder Firmensitze und Betriebsstätten ins Ausland verlagern oder einfach die Vermögenssteuer auf die Verbraucher abwälzen.

 

Wäre eine europaweite Vermögenssteuer die Lösung?
Ganz trickreich argumentieren Leute, die eine einheitliche europäische Vermögenssteuer anmahnen oder als Konzept anbieten. Damit, so meinen sie, wäre das Problem der drohenden Abwanderung der Reichen weitgehend gelöst. Was dabei leider verschwiegen wird: Eine europaweite Einigung wird es vermutlich niemals geben! Souveräne Staaten wie die Schweiz oder Monaco werden sich ihre Steuerpolitik nicht von anderen Staaten vorschreiben lassen und selbst innerhalb der EU sind die Interessen und Auffassungen höchst unterschiedlich.
Aber davon einmal ganz abgesehen wäre eine europaweite Abstimmung der Vermögenssteuer völlig unzureichend. Wir leben schließlich im Zeitalter der Globalisierung! Wem es auf unserem Kontinent zu ungemütlich wird, dem steht mit seinem Vermögen die ganze Welt offen. Nur die wenigsten Millionäre sind auf einen Wohnsitz in Europa angewiesen.

 

Augenmaß ist angesagt!
Der vorstehende Text sollte nicht so verstanden werden, dass an den bestehenden Spitzensteuern auf Einkommen, Vermögen und Erbschaften nicht mehr gerüttelt werden darf. Anpassungen an das ausländische Umfeld sind hin und wieder erforderlich und im diesem Zusammenhang sind vielleicht auch mal Korrekturen nach oben oder grundsätzliche Reformen machbar.
Aber als Wahlkampfthema ist dieser komplizierte Anpassungsprozess denkbar ungeeignet! Eine Partei, die mit derart plumpen, populistischen Forderungen punkten will (und damit die Eliten schon im Vorfeld verschreckt), ist für mich untendurch.
Denn nach meinem Empfinden denkt eine solche Partei nur an ihren eigenen Wahlerfolg - nicht aber an das Gemeinwohl.
Eine Partei, die auf so primitive Weise Missgunst und Unzufriedenheit in der Bevölkerung schürt, hat es nicht verdient, vom Wähler dafür auch noch belohnt zu werden.
Schön, leider jedoch utopisch, wären internationale Abkommen über alle Arten von Steuern, auch bezüglich der Vermögen. Dann gäbe es diesen ärgerlichen Steuerwettbewerb nicht.
Aber für einen derartigen Wandel ist die Zeit noch lange nicht reif, die meisten Staaten verfolgen zu sehr ihre Eigeninteressen. Außerdem verhindern häufig starke Lobbygruppen und unsachliche Debatten weitreichende Reformen.

 

Schleichende Enteignung!
Es sei darauf hingewiesen, dass Vermögen bereits durch staatliche Maßnahmen schleichend entwertet werden! Wegen der Billigzinspolitik der Zentralbanken (die dafür selbst generiertes "Kunst"geld einsetzen) werden Spareinlagen weit unterhalb der Inflationsraten verzinst. Dieser Akt ist gleichbedeutend mit einer schleichenden Enteignung! Die läppischen Zinserträge (die nicht einmal die Geldentwertung ausgleichen) müssen dann auch noch versteuert werden. Und indirekt wird auch evtl. vorhandener Immobilienbesitz entwertet, weil die absurd niedrigen Hypothekenzinsen (direkte Folge des Billigdiskontsatzes der EZB) für ein Überangebot an Immobilien sorgen (was nach Platzen der Blase natürlich böse Folgen haben wird).
Fazit: Der Staat sorgt mit seiner Billigzinspolitik für eine günstige Finanzierung seiner Staatsschulden - bezahlt wird dieses Manöver über die schleichende Enteignung der Vermögenden.

 

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Hintergrund & Analyse (Folge 8)
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© Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung November 2009

 

 

Nicht der Kapitalismus ist böse, sondern die Globalisierung ist es!
Der Kapitalismus wäre eigentlich gar nicht so übel. Wenn es da nicht die mächtige Konzern- und Globalisierungslobby gäbe. Und Politiker, die sich kaufen lassen oder auf die Propaganda der Lobbyisten hereinfallen.

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Freihandel = wirtschaftliche Anarchie = Kasinokapitalismus

Ineinandergreifende, sich gegenseitig bestätigende Vorurteile, Lebenslügen und frisierte Statistiken sind die Ursachen eines seit 1980 anhaltenden schleichenden Niedergangs.



Sie haben in entscheidenden Dingen eine andere Auffassung?
Sie beschäftigen sich bereits seit Jahrzehnten mit politischen Grundsatzfragen (Freihandel, EU, Euro, Multikultiideologie usw.). Sie haben selbst schon diesbezügliche Studien und Analysen erstellt, Vor- und Nachteile abgewogen, Fakten geprüft und sich über diverse Kanäle ständig auf dem Laufendem gehalten? Dann würde ich mich über einen offenen Gedankenaustausch mit Ihnen sehr freuen. Schreiben Sie per Email an m.mueller@iworld.de, warum unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren (dem Wohle der Menschheit dienend) Sie zu anderen Schlussfolgerungen gekommen sind.